Förderschule

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Eine Förderschule – auch Sonderschule, Förderzentrum oder Schule mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt – ist in Deutschland eine Schule für Kinder und Jugendliche, die in ihren Bildungs-, Entwicklungs- und Lernmöglichkeiten mehr oder weniger schwer beeinträchtigt sind (z. B. durch eine Lern- oder geistige Behinderung, durch körperliche Behinderungen, selten durch langfristige Erkrankung).[1] Verschiedene Förderschultypen bieten dabei einen sonderpädagogischen Unterricht, der speziell auf die jeweiligen Beeinträchtigungen zugeschnitten ist. Er soll den Kindern eine bessere Entwicklung ermöglichen, als sie ohne solche passende Unterstützung an einer normalen Schule erreichbar wäre. Insgesamt gab es 2007 in Deutschland etwa 430.000 Schüler an Förderschulen, das sind etwa 4,5 % aller Schüler in Deutschland.[2]

Förderschulen sind umstritten. Das Hauptargument der Kritiker ist, dass sie ihr Ziel verfehlten, weil die betroffenen Schüler an Regelschulen bessere Leistungen erzielten.[3] Sie fordern stattdessen ein integratives oder inklusives Bildungssystem.[4] Die Kritiker sehen sich in ihren Zielen durch die UN-Behindertenrechtskonvention von 2009 bestätigt, die ein inclusive education system (offizielle Übersetzung: integratives Bildungssystem) vorschreibt. Befürworter der Förderschulen entgegnen, dass man sie erhalten sollte, weil es immer Schüler geben werde, die dort am besten gefördert werden könnten. Außerdem sei zu erwarten, dass Regellehrer zu Sparzwecken immer mehr die sonderpädagogische Förderung selbst zu übernehmen hätten, und ein Stellenabbau bei Sonderpädagogen einsetzen würde. Zudem sei die besonders relevante Gruppe der verhaltensauffälligen und der lernbehinderten Kinder der ständigen belastenden Erfahrung des Scheiterns ausgesetzt. Gleichzeitig drohten durch sie Störung und Verlangsamung des Unterrichts, wodurch ein allgemeiner Niveauverlust zu befürchten sei. Der Minimalkonsens ist, dass eine Abschaffung der Förderschulen für Schüler mit lediglich körperlichen Behinderungen zugunsten des gemeinsamen Unterrichts an der Regelschule wünschenswert ist.[5]

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Begriffsentwicklung

In der Umgangssprache findet sich heute oft noch die Bezeichnung Sonderschule, teilweise noch die historische Bezeichnung Hilfsschule. Letztere wird amtlich nicht mehr verwendet. Da in Deutschland das Bildungswesen im Zuge der Kulturhoheit in der Verantwortung der Länder liegt, werden amtlich unterschiedliche Bezeichnungen benutzt: so in einigen Bundesländern wie Baden-Württemberg die Bezeichnung Sonderschule.

Durch die Umbenennung der früheren Hilfsschulen in Sonderschulen für Lernhilfe oder Förderschulen sollte unter anderem der zunehmenden Stigmatisierung der Schüler als „ausgesonderte“ Menschen entgegengetreten werden. Seit Mitte der 1990er Jahre gingen viele Länder dazu über, den Begriff Sonderschule bei allen Sonderschulformen durch andere Begriffe wie Förderschule oder Schule mit sonderpädagogischem Förderschwerpunkt zu ersetzen. Mit dem Begriff Förderung soll deutlich gemacht werden, dass die Schulen bestrebt sind, Beeinträchtigungen bzw. vulgo Behinderungen abzubauen und zu kompensieren. Demnach genügt es nicht, einem Schüler die Nicht-Eignung für die allgemeine Schule zu attestieren. Vielmehr ist es notwendig, durch eine eingehende und begleitende Förderdiagnostik eine geeignete (sonder)pädagogische Förderung zu finden. Allerdings liegt bei den mehrfachen Umbenennungen auch der Gedanke an eine Euphemismus-Tretmühle nicht fern.

Spezifische Förderung und Integration

Früher stand der Gedanke im Vordergrund, auch behinderte Kinder hätten ein Recht auf schulische Bildung, und durch spezielle Einrichtungen müssten dieses Recht wie auch die Erfüllung der Schulpflicht garantiert werden. Dass auch schwerstbehinderte Kinder nicht „ausgeschult“ werden, gilt heute als Selbstverständlichkeit.

Systemische Grundlage für die Aufnahme beziehungsweise Überweisung eines Kindes in eine Förderschule ist die Feststellung eines spezifischen sonderpädagogischen Förderbedarfs nach einem von den Ländern gesetzlich geregelten Verfahren. Der Förderbedarf orientiert sich an Art und Umfang der Behinderung oder Erkrankung. Dem festgestellten Förderbedarf kann grundsätzlich in einer Förderschule oder auch durch Integration in einer allgemeinen Schule entsprochen werden. In einigen Bundesländern gibt es ein weitgehendes Wahlrecht der Eltern zwischen beiden Formen. Einer in Teilen häufig qualitativ und quantitativ besseren technischen und pädagogischen Ausstattung der Förderschulen steht die Möglichkeit einer besseren gesellschaftlich-sozialen Integration und ausgewogenerer Bildung des Kindes in einer allgemeinen Schule gegenüber. Bei einer Zuweisung eines Schülers zu einer Förderschule wird davon ausgegangen, dass Barrieren, die mit dem Besuch in Regelschulen verbunden sind, nicht mit vertretbarem Aufwand beseitigt werden können.

Um bei der sonderpädagogischen Förderung in der allgemeinen Schule pädagogisches Know-how zu konzentrieren, sind so genannte Integrationsschulen entstanden; das sind Schulen, in denen in mehreren Klassen häufig auch zwei oder drei behinderte Kinder teilweise oder komplett am Unterricht teilnehmen.

Förderzentrum und mobiler Dienst

Der Begriff Förderzentrum hat in der Fachliteratur noch keine einheitliche Definition. Eine Förderschule kann ein Förderzentrum sein ohne diesen Namen zu tragen.

Förderzentren sind häufig aus Sonderschulen entstanden, indem der Aufgabenbereich der Schulen „nach außen“ erweitert wurde. Die Sonderschullehrer des Förderzentrums sind nun nicht mehr nur für den Unterricht an der Förderschule und die Betreuung der Schüler mit Behinderung dort zuständig, sondern zusätzlich für die Betreuung der Schüler mit Behinderung in allgemeinen Schulen.

Diese Form der Betreuung wird durch den mobilen Dienst gewährleistet. Sonderschullehrer suchen die Schüler mit Behinderung ihrer Schule auf, beraten die Lehrer dort und unterstützen die Schüler. Mobiler Dienst wird von vielen Förderzentren, aber auch von Förderschulen verschiedenster Fachrichtungen angeboten.

Förderschultypen im Überblick

Man unterscheidet folgende Schultypen, die auf den jeweiligen Förderbedarf gezielt eingehen können, wobei nicht alle Schultypen in allen Ländern eingerichtet sind oder auch anders benannt werden:

Die Förderschulen für blinde und sehbehinderte Kinder und die Förderschulen für gehörlose und schwerhörige Kinder (zusammengefasst als Schule für Hörgeschädigte) befinden sich oft unter einem Dach.

Neben allgemeinbildenden Förderschulen existieren auch verschiedene berufsbildende Schulen mit einem sonderpädagogischen Schwerpunkt, sogenannte berufliche Förderschulen (auch Sonderberufsschulen).

Je nach Typ werden die Schüler durch einen Schülerspezialverkehr von und zur Schule gebracht.

Pädagogisch-audiologische Beratungsstellen an Förderschulen für hörgeschädigte Kinder

Pädagogisch-audiologische Beratungsstellen dienen der Beratung von Eltern hinsichtlich einer vermuteten oder diagnostizierten Hörschädigung bei ihrem Kind. Auf Wunsch kann bis zur Einschulung eine Frühförderung durchgeführt werden.