Elternabend: Mit Selbstbewusstsein gegen Missbrauch

Nastätten – Der Kinderschutzbund hat in einem öffentlichen Elternabend in Nastätten darüber informiert, wie sexueller Missbrauch und sexuelle Gewalt verhindert werden können.

Nastätten – Der Kinderschutzbund hat in einem öffentlichen Elternabend in Nastätten darüber informiert, wie sexueller Missbrauch und sexuelle Gewalt verhindert werden können.

Sexueller Missbrauch und sexuelle Gewalt sind an sich schon verdammungswürdige Verbrechen. Sind aber Kinder die Opfer, ist es umso erschütternder. Sie sind ihren Peinigern hilflos ausgesetzt, können sich nicht wehren und verstehen nicht, was ihnen passiert.

Dass die Seelen der Kinder nicht verletzt werden, hat sich der Kinderschutzdienst des Caritas-Zentrums in Lahnstein zur Aufgabe gemacht. Im Rahmen des vor fünf Jahren gegründeten „Koblenzer Präventionsprojektes gegen den sexuellen Missbrauch an Mädchen und Jungen“ führte der Kinderschutzdienst in der Taunusschule und der evangelischen Kindertagesstätte Nastätten Informationsveranstaltungen durch, um den Kindern, Lehrern und Erzieherinnen Hilfestellungen zur Prävention zu geben.

Zum Abschluss hatte Irmgard Mader vom Kinderschutzdienst die Eltern der Kinder zu einem öffentlichen Elternabend ins Bürgerhaus eingeladen. Sie stellte Gisela Braun, Diplom-Pädagogin aus Koblenz, vor, die sich seit 22 Jahren im Kölner Verein „Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz (AJS) Landesstelle NRW“ mit dieser Problematik auseinandersetzt. Sie verstand es, in ihrer humorvollen Art zunächst die verhaltene Stimmung im Raum zu lösen. „Sexueller Missbrauch an unseren Kindern ist leider immer noch so etwas wie ein Tabu, das wir aufbrechen müssen, um unsere Kinder zu schützen.“

Anhand einiger Fallbeispiele erklärte sie, mit welch perfiden Methoden sich die Täter an die Kinder herantasten, sie von sich abhängig machen und sie und ihre Umgebung manipulieren, um eine unauffällige „Normalität“ zu schaffen. Sätze wie „Wenn du das der Mama sagst, dann wird sie ganz schlimm krank“ verursachen bei Kindern Ängste, die sie nicht verarbeiten können. Damit war die Referentin beim Thema, nämlich der Frage: „Wo lauern die Gefahren?“. Überall, denn es gebe keinen bestimmten Tätertyp. Sie stammen aus allen Gesellschaftsschichten. „Sexuelles Interesse an Kindern kommt nicht plötzlich“, fuhr Gisela Braun fort, „das beginnt sehr früh. Es gibt aber keinen sexuellen Grund zum sexuellen Missbrauch. Erwachsene haben vielfältige Möglichkeiten, ihre sexuellen Wünsche zu erfüllen.“ Es gebe keinen sexuellen Notstand.

Vertrauensstellungen aber würden den Missbrauch erleichtern. „Es sind niemals die Kinder, die den Missbrauch provozieren. Die Verantwortung liegt ganz allein bei den Tätern.“ Missbrauch könne nicht vollständig verhindert werden, Vorbeugung aber sei ein Schutz.

„Sexualerziehung ist ein ganz wesentlicher Punkt der Vorbeugung“, mahnte die Pädagogin. Sie beginne mit der Sprache, etwa mit der anatomisch richtigen Benennung der Körperteile. Es gebe nicht „das da unten“, es gibt den Penis und die Scheide, sagte Braun. „Die Kinder müssen zu Hause über Sexualität reden können, wann immer es ihnen in den Sinn kommt.“ Kinder probieren sich aus, und die Erwachsenen hätten die Pflicht, einen sicheren Rahmen dafür zu schaffen. Auch müsse das Kind selbst entscheiden können, von wem es Zärtlichkeiten duldet. Das Küsschen der Oma sei beileibe nicht immer willkommen. Bis zur Einschulung müssten die Kinder ein Basiswissen erlangt haben über ihren Körper, über Empfängnis, Schwangerschaft und Geburt. „Vorbeugung verhindert keinen Missbrauch, aber das Kind hat eine große Chance, nicht missbraucht zu werden, weil es zu Selbstbewusstsein und Stärke erzogen wurde und gelernt hat, Gefahren zu erkennen und weiß, wie es sich wehren kann“, schloss Gisela ihr beeindruckendes Referat. Für die Eltern hatte sie einen Trost parat: „Wir Eltern können in der Erziehung unserer Kinder nicht perfekt sein, aber perfekte Eltern sind für die Kinder auch ein Gräuel.“

Norbert Schmiedel

(Quelle: Rhein-Zeitung vom 22.01.2013)